Rund 12.000 Internet-Satelliten will Elon Musk mit seiner Firma SpaceX ins All schicken. Doch schon die ersten 60 von ihnen machen Astronomen nervös. Sie sind zum Teil so hell, dass sie Beobachtungen stören.
"Weißt Du wieviel Sternlein stehen ?" Die Frage aus dem Kinderlied ist nicht einfach zu beantworten. Denn was Beobachter am Himmel sehen, hängt von der Wolkenbildung, der Tages- und Jahreszeit, der geografische Lage und dem Grad derLichtverschmutzung ab.
Zu den in einer Sommernacht vielleicht 450 natürlich sichtbaren Sternen am Himmel könnten allerdings in absehbarer Zeit noch Dutzende, vielleicht Hunderte weitere - menschgemachte - hinzu kommen. Das hat mit dem Start von 60 Internet-Satelliten der sogenannten "Starlink"-Konstellation des Unternehmens SpaceX in der vergangenen Woche zu tun. Sie sind die ersten von knapp 12.000 Flugkörpern, mit denen das Unternehmen von Elon Musk auch den letzten Winkel des Planeten mit Breitband-Internet versorgen will.
Dicke Streifen auf dem Himmelsfoto
"Für professionelle Himmelsbeobachter wird das auf jeden Fall ein Problem", sagt Mark McCaughrean vom Weltraumforschungs- und Technologiezentrum der Europäischen Weltraumorganisation (Esa) im niederländischen Noordwijk. "Für Teleskope sind das extrem helle Objekte." Die ersten der Starlink-Satelliten in ihrem 440-Kilometer-Orbit waren in den vergangenen Tagen teils auch mit bloßem Auge so hell am Nachthimmel über verschiedenen Orten der Erde zu sehen.
Wie sehr Beobachtungen gestörten werden können, zeigt ein Bild der US-Astronomiestudentin Victoria Girgis aus Flagstaff im Bundesstaat Arizona. Auf dem Foto, das mit einer Belichtungszeit von 25 Sekunden aufgenommen wurde, schmieren die Satelliten dicke, helle Streifen über den Himmel.
"Das ist etwas, das schon stört", sagt auch Carolin Liefke, die am Haus der Astronomie in Heidelberg arbeitet. Sie selbst habe die wie auf einer Perlenkette aufgereihten Satelliten in den vergangenen Nächten zwei Mal am Nachthimmel gesehen, mit bloßem Auge, unter einer Laterne in ihrem Wohngebiet in der Rheinebene stehend. "Es hat mich stark überrascht, wie hell die zu sehen waren. Und es hat mich ein bisschen besorgt gemacht", sagt Liefke.
Bereits jetzt fliegen zahllose Satelliten um die Erde, der hellste und größte von ihnen ist die Internationale Raumstation. Sie leuchten allesamt nicht selbst, werden auf ihrem Weg hoch über der Erde aber von der Sonne angestrahlt. Dieses Licht werfen sie zur Erde.
"Starlink"-Satelliten über Deutschland (am 26.05.2019, 0:55 Uhr)
Besonders bei astronomischen Beobachtungskampagnen, bei denen automatisiert wieder und wieder große Teile des Nachthimmels abgesucht werden, könnten die neuen Starlink-Satelliten stören, so Liefke. Aktuell betrifft das unter anderem das Teleskopsystem Pan-STARRS auf Hawaii, mit dem beispielsweise nach unbekannten Asteroiden und Kometen gesucht wird.
SpaceX-Chef Elon Musk beteuert, dass die Satelliten nur kurz nach Einbruch der Dämmerung und kurz vor Sonnenaufgang sichtbar seien. Diese Zeiten seien für die Himmelsbeobachtung nicht besonders gut geeignet.
Cees Bassa vom niederländischen Radioastronomie-Institut Astron hat berechnet, wie viele der "Starlink"-Satelliten an einem bestimmten Ort am Himmel zu sehen sind. Für Orte wie London oder Berlin, die auf 52 Grad nördlicher Breite liegen, kommt er auf beeindruckende Zahlen: Allein von den ersten 1584 der Satelliten dürften immer bis zu 15 gleichzeitig sichtbar sein. Am höchsten ist die Zahl kurz nach Sonnenunter- und kurz vor Sonnenaufgang.
Die einzelnen Beobachtungen der vergangenen Tage sprechen dagegen, dass die Flugkörper nur in den Randzeiten der Nacht sichtbar sind. So hat der Amateurastronom Sven Melchert die Satellitenkette am Himmel über Stuttgart am Sonntagabend eine halbe Stunde vor Mitternacht gefilmt, also lange nach Sonnenuntergang.
"Der Nachthimmel wird anders aussehen", sagt Cees Bassa. Und nicht nur das: Beeinträchtigungen bringen die Internet-Satelliten auch für die Radioastronomie, weil sie ständig aus dem Orbit funken. Dazu kommt das Risiko von Zusammenstößen, wodurch gefährliche Mengen von Weltraummüll entstehen, womöglich gar in einem Schneeballeffekt. Neben Elon Musk und SpaceX haben auchandere Unternehmen wie OneWeb oder Amazon den Aufbau eigener Mega-Konstellationen in Vorbereitung.
Video: Falcon-Rakete bringt 60 Satelliten ins All
https://www.spiegel.de/wissenschaft/weltall/starlink-von-spacex-astronomen-genervt-ueber-satelliten-a-1269487.html
2019-05-27 14:06:00Z
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